Mittwoch, 30. März 2016

... dann doch lieber Donald Duck



Das obere Bild habe ich bei meinem lokalen Bahnhofsbuchhandel aufgenommen. Normalerweise finden sich in diesen Fensterplätzen Titel wie GEO oder die Entenhausen Edition der Donald Duck-Comics von Carl Barks, auch mal Koch- oder Handarbeitstitel, Zeitschriften über Reisen und Fotografie oder das arte-Magazin. Doch nun die durch den rechten Publizisten Jürgen Elsässer verlegte Zeitschrift Compact.

Da mich ein Freund kürzlich darüber informiert hatte, dass in seiner örtlichen Thalia-Buchhandlung der ebenfalls alles andere als koschere Kopp-Verlag einen Ausstellungtisch besetzt hielt, fragte ich bei den Mitarbeitern des Geschäftes einfach nach, wie es zu dieser Unerfreulichkeit kommen konnte (folgende Infos werden Buchhändlern und solchen, die im publizistischen Vertrieb arbeiten oder es einmal getan haben, nicht neu sein).

Zunächst einmal: die mir freundlicherweise Rede und Antwort stehenden Menschen waren persönlich sehr unglücklich über die Platzierung des Titels und hatten auch schon diverse Beschwerden bis hin zur Boykottandrohung bekommen, wenn die Compact nicht umgehend wieder aus dem Schaufenster verschwinden würde. Tatsächlich sind den Angestellten des Ladens aber die Hände gebunden, Verlage mieten derartige Ausstellungsflächen und bestimmen, welche Publikationen dort ausgestellt werden sollen. Somit bringt der verbale Angriff gegen die Kassierer nichts, es liegt nicht in ihrem Ermessen.

Das ist einerseits ärgerlich, andererseits wirft es Fragen auf. Will der Verlag einfach von der momentanen Aufmerksamkeit für das Blatt profitieren, dass ihm durch Polizisten zuteil geworden ist, hofft er dadurch, sich einen Anstrich der Seriosität zu verschaffen („Wenn sie da im Schaufenster steht, kann die Zeitschrift ja nicht so schlimm sein.“) oder ist es einfach der publizistische Ausdruck eines immer weiter erstarkenen Selbstbewusstseins der Rechten, welches sich durch die angeblich „schweigende Mehrheit“ und die jüngsten Wahlsiege der AfD legitimiert sieht? Sei es einer dieser Gründe oder ein Konglomerat aus allem: es hat etwas unheimliches, diesen Titel so prominent platziert zu sehen. Und es stimmt nachdenklich, denn es wirkt wie ein Schritt aus dem Schatten, ein forsches Auftreten nach dem Motto „Hier bin ich und ich gehöre dazu.“

Darum sollte man sich doch bei den Händlern beschweren (natürlich ohne sie persönlich verantwortlich zu machen), denn Rechtspopulismus sollte weder in der Politik noch im Zeitschriftenhandel einen Platz haben und Druck von Seiten der Kunden könnte zu einem Akt der Ungehorsamkeit in den Läden führen. Braucht man wirklich das Geld von solchen Verlagen, wenn der Platz auch an andere vergeben werden kann? Und jene anderen Verlage könnten mit dem verstärkten Mieten von Ausstellungsflächen dagegenhalten. Denn eins ist klar: Donald Duck im Schaufenster ist schöner und vor allem gehaltvoller als Frauke Petry.



Nachtrag: Nur einen Tag nach meiner Anfrage wurde die Compact durch ein Literaturmagazin ersetzt. Die Spiegel-Sonderausgabe über die gerade in rechten Zirkeln gern negierte deutsche Kolonialgeschichte blieb an ihrem Platz. Das kann als Statement so stehn bleiben.