Mittwoch, 29. August 2012

Camouflage

Werbeposter zu einem sogenannten Eventmovie. (Quelle: http://www.fitz-skoglund.de)

Wenn Sie oberes Plakat betrachten (am besten als Vollbild, noch besser in einer Printausgabe), was fällt Ihnen auf?

Wie gut, dass Menschen nicht in Wirklichkeit so nach Photoshop aussehen?
Warum sieht Fabian Busch aus wie Seth Green (ein gelangweilter Seth Green, um genau zu sein)?
Gab es da nicht mal einen deutschen Actionfilm namens Cascadeur und einem Zapfenpflücker als Helden, der einen ganz ähnlichen Untertitel hatte?

All das und noch viel mehr mag Ihnen durch den Kopf gehen, mir ging bei genauerer Betrachtung schließlich eins nicht mehr aus dem Sinn: Nur weil man sexistische Klischees versteckt, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht da sind. 
Bettina Zimmermann, die uns auf dem Poster aus dem Uncanny Valley entgegenblickt, trägt ein lediglich über der Brust zugeknöpftes Hemd, alle anderen Knöpfe sind offen und es lässt sich erahnen, dass der BH ebenfalls der Retusche zum Ofer gefallen ist. Auf der einen Seite gut versteckt, da die Knopfleiste nicht auseinander gezogen ist, auf der anderen Seite sehr prominent, weil sich die Brust natürlich genau im Strahl des von Kai Wiesinger so oscarverdächtig in die Kamera gehaltenen Bernsteins befindet. Clever, wirklich clever. Da suggeriert man mit dem Plakat auf der einen Seite eine von Zimmermann portraitierte starke Frauenfigur, bestärkt durch so ein kleines, aber dadurch natürlich nicht unsichtbares Detail gängige Lara Croft-Klischees.
Inwieweit diese sich dann im fertigen Film niedergeschlagen haben, darüber darf man mich nach dem 16.09. gerne informieren, denn den Eventmovies aus Eigenproduktion bleibe ich grundsätzlich fern. Sorry, RTL.

Freitag, 24. August 2012

Wider den Hass


Die Politik in der Medientheorie außen vorzulassen wäre töricht. Dabei geht es gar nicht um politische Filme wie The Ides of March – Tage des Verrats, jedenfalls nicht jetzt. Es geht um tagesaktuelle Politik, um dass, was die Welt momentan bewegt. Und das Urteil, welches heute über den geständigen Massenmörder Anders Behring Breivik in Oslo gefällt wurde, ist ein solches Beispiel.

Die Medien sind nicht immer sensibel mit dem Thema umgegangen, man erinnere sich nur an den mannigfaltig auf die Titelblätter der Zeitungen gehievten Faschistengrußes, den Breivik im Gerichtssaal vor der Weltöffentlichkeit zeigte. „Bereits vor dem Terrorakt hatte Breivik in seinem Manifest geschrieben, eine Gerichtsverhandlung biete die besten Möglichkeiten, die eigene Botschaft zu verbreiten. Bis jetzt läuft also alles nach Plan.“[1]
Das unerträgliche, widerlich-triumphale Grinsen, dass der Mörder heute im Gericht bei der Urteilsverkündung zur Schau stellte, scheint dieser Einschätzung weiter Rechnung zu tragen. Breivik ist zurechnungsfähig, was einem weiteren Sieg für ihn gleichkommt, er kann die „Aura als Ideologe und politischer Gefangener“[2] weiter aufrecht erhalten, zumindest bei seinen Sympathisanten. Der zitierte Artikel der norwegischen Journalistin und Schriftstellerin Åsne Seierstad informiert uns nämlich auch darüber, dass Breivik bisher ungehindert aus seiner Zelle Briefe und Pamphlete verschicken konnte, die seine rechtsextremen Empfänger dann für ihn ins Netz stellen (einen Internetanschluss hat Breivik nicht, dafür einen Computer nebst Drucker). Zudem beabsichtigt er, in Zukunft drei Bücher zu schreiben, die sowohl seine Ideologie als auch die Tat vom 22. Juli 2011 zum Inhalt haben sollen. Es dürfte nicht schwer zu erraten sein, in welche Gesinnungsrichtung diese Machwerke gehen werden.

Breivik wird nun aller Wahrscheinlichkeit nach aus der großen Öffentlichkeit der Medien verschwinden, seine Propaganda wird er weiter zu verbreiten versuchen. Ob wir es wollen oder nicht, auch Breivik generiert Bilder in der Kultur und es ist an den demokratischen Medien, diesen Zerrbildern einen besonnenen Gegenpol zu liefern. Von ihren extremen Gegnern werden diese Medien oft als links unterwandert, um es vorsichtig auszudrücken, dargestellt. Dies sollte als Kompliment genommen werden, denn Medien sollten nicht zum Hass, zur Gewalt, als Waffe des Mobs, eingesetzt werden. Sollte Breivik seine Freiheiten, die ihm jenes System gewährt, dass er und die Seinen so vehement bekämpfen wollen, weiter nutzen können, so ist mit dem heutigen Urteilsspruch die Sache nicht vom Tisch. Im Gegenteil, womöglich beginnt sie erst, zumindest auf dem medialen Metaschlachtfeld.

Die Attentate in Oslo und auf Utøya und die Mordserie der NSU – diese zwei „Großereignisse“ der jüngeren Vergangenheit im Hinblick auf rechten Terror sollten in punkto Medienpolitik vor allem eins nach sich ziehen: Ein noch stärkeres Eintreten für Demokratie und Menschenwürde, ein schärferes Auge für die mediale Repräsentation von Menschen jeglicher Couleur und ein aktives Auseinandersetzen mit den Bildern, die die Gegenseite produziert, anstatt das Problem totschweigen zu wollen. Wenn dies nicht eintritt, tragen Breivik und Konsorten einen weiteren Sieg davon. Und es kann nicht im Sinne eines jeden klar denkenden Menschen sein, dass dies geschieht.


[1] Åsne Seierstad: Der Sieg des Mörders in DIE ZEIT, 16.08.2012, S. 5
[2] ebenda

Dienstag, 21. August 2012

Filmkritik: Prometheus - Dunkle Zeichen

 Kinoposter zu Prometheus - Dunkle Zeichen (Quelle: http://www.fuenf-filmfreunde.de)

ACHTUNG! Die folgende Kritik enthält ein paar kleinere Spoiler. Wer sich ein gänzlich "reines" Filmvergnügen bewahren will, der geht erst ins Kino und schaut dann wieder hier vorbei.



Offizielle Sprachregelungen sind etwas Wunderbares. So wird Ridley Scotts Reise zu seinen filmischen Ursprüngen nicht als direkte Vorgeschichte zu seinem Kultfilm Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt vermarktet, sondern als eigenständiges Werk, das aber sehr viel Alien-DNA in sich trägt. Dass Prometheus mit ein oder zwei Fortsetzungen die Lücke zwischen den Filmen füllen könnte, wird dann nur noch im Nebensatz erwähnt.

Es stimmt, Prometheus - Dunkle Zeichen schließt nicht komplett an Alien an, zu viele Dinge passen noch nicht zusammen, zu groß sind noch die Widersprüche. Der Grundstein für eine erfolgreiche Prequel-Serie á la Star Wars (auch wenn der Vergleich nur in punkto Funktionalität angebracht ist, nicht in Hinsicht auf Intention und Qualität - Scott dreht schlicht anspruchsvollere Science-Fiction-Filme als George Lucas) ist hingegen mit Prometheus erfolgreich gelegt. Der Film ist nicht ohne Mängel und im direkten Vergleich ist Alien von 1979 immer noch das bessere Werk, aber Prometheus ist ein unterhaltsamer Film, nie langweilig, manchmal gar brillant und nimmt vor allem sein SF-erprobtes Publikum ernst. Im Gegensatz zu Scotts Zukunftsvisionen ist etwas wie Star Wars oder das neue Star Trek-Franchise nur ein besserer Kindergeburtstag.

In der letzten Woche des Jahres 2093 landet die 17-köpfige Crew des Forschungsraumschiffes Prometheus nach über zwei Jahren Flugzeit auf dem entfernten Mond LV-266, auf dem sich die Wissenschaftler Shaw (Noomi Rapace, die originale Lisbeth Salander aus Verblendung) und Holloway (Logan Marshall-Green) die Antwort auf die Frage nach dem Woher? der Menschheit erhoffen. Höhlenzeichnungen auf der Erde ließen darauf schließen, dass die Menschheit einst von Außerirdischen kreiert wurde und sie die technisch nun entwickelten Menschen mit den Zeichnungen auf den fernen Trabanten einladen. Tatsächlich landet man quasi direkt vor einer fremdartigen Pyramide, in deren Innern aber alles tot erscheint. Doch wie so oft täuscht der erste Eindruck und spätestens als einer der dümmsten Biologen der neueren Filmgeschichte seinen großen Auftritt hat, ist jedem klar, dass die Pyramide alles andere als tot ist. Und auch die Erkenntnis, dass das Wort "Einladung" im Hinblick auf die Höhlenzeichnungen vielleicht nicht allzu glücklich gewählt war, kommt zu spät…

Ridley Scott ist ein meisterhafter Bildregisseur. Von der ersten Minute an, in der die Kamera über kargen Landschaften (gedreht auf Island) schwebt bis zu dem Interieur des außerirdischen Raumschiffs, dessen H.R. Giger-Look scheinbar niemals seine Wirkung verfehlt, bietet uns Scott hervorragend komponierte Filmbilder. Selbst das 3-D-Format wird intelligent eingesetzt, um die Räume zu erweitern und zeigt wieder einmal den kolossalen Unterschied zwischen "echtem" 3-D (also Filmen wie Prometheus, die von vornherein mit 3-D-Kameras gedreht wurden) und nachträglich errechnetem 3-D auf. Einzig in der Titelsequenz stören die eingeblendeten, greifbaren Credits massiv die überwältigenden Naturbilder, aber das ist im Großen und Ganzen vernachlässigbar.
Prometheus sieht hervorragend aus; die Entscheidung, Sets zu bauen anstatt komplett auf den Computer zu vertrauen ist immer zu begrüßen. Handwerklich ist nichts zu beanstanden, inhaltlich schon.

Eine der größten Stärken der Alien-Filmreihe ist, dass dem Zuschauer die Protagonisten nicht egal sind. In Alien hat jeder von ihnen eine Persönlichkeit, die Beziehungen untereinander sind dynamisch und man will schlicht nicht, dass sie als Alien-Beute enden. Aliens - Die Rückkehr schaffte es danach, einem Trupp Soldaten, sonst gern und oft nur als austauschbares Kanonenfutter dargestellt, menschliche Gesichter zu geben. Marines durften weinen, betteln, flehen und verzweifeln im Angesicht eines unberechenbaren Feindes - ziemlich viel für einen Haufen "harter Kerle". Alien 3 watete mit einer ganzen Armada von potenziellen Figuren in Form der vom Alien tyrannisierten Strafgefangenen auf und gab hier einigen, wenn auch nicht allen, eine Persönlichkeit. Am nächsten an Prometheus ist Alien - Die Wiedergeburt mit seinen Archetypen, die im Großen und Ganzen ähnlich farblos bleiben wie die Crew auf LV-266. Allein die Anzahl - 17 (!) - ist ein unmissverständliches Zeichen: die allermeisten sind nur hier, um zu sterben. So gibt es eine Sequenz, die ohnehin eher den Anschein hat, als wäre sie nicht aus dramaturgischen Gründen geschrieben worden, in der eine ganze Gruppe von vorher nicht in Erscheinung getretenen Crewmitgliedern von einem reanimierten Geologen niedergemetzelt werden. Die Sequenz ist sinnlos und erhöht lediglich die Anzahl der verzeichneten Leichen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob wir eine Figur wie Kane in Alien erst kennenlernen und dann mit ansehen müssen, wie etwas aus einer Brust herausbricht, oder ob vier namenlose und hinter Helmen versteckte Techniker sterben. Dermaßen inflationär bei gleichzeitiger Nicht-Charakterisierung ging noch kein Film aus dem Alien-Universum mit seinen Figuren um.

Gänzlich anders nutzt Prometheus zudem den filmischen Raum. In Alien war die Nostromo ein verwinkeltes, düsteres Gebilde, dem man ansah, dass es nicht dazu gebaut wurde, damit Menschen überall in seinem Inneren herumkriechen können; ein klaustrophobischer Albtraum. In Aliens erschien dem Zuschauer der langsam von den Aliens eingenommene Außenposten wie eine terrane Version der Nostromo und das rettende Militärraumschiff Sulaco nebst Shutteln erschien hoffnungslos unerreichbar. Auch Alien 3 und Alien - Die Wiedergeburt konnten mit ihren Settings ein Grundgefühl der Klaustrophobie bei gleichzeitiger Betonung der Größe des Handlungsortes erzeugen. Einen einfachen Ausweg, einen short cut oder gar einen Überblick gab es nie.
Das Raumschiff Prometheus wiederrum landet direkt vor der Haustür der Außerirdischen und es ist nur ein verhältnismäßig kurzer Weg mit ein paar futuristischen Landrovern, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Wir wissen stets, wo wir uns befinden (was die Figuren Fifield und Millburn nur noch weiter als bloße Werkzeuge des Drehbuchs entlarvt), selbst im Finale verlieren wir nie den Überblick und irgendwann bewegt sich Shaw so selbstsicher im Innern des außerirdischen Gefährts, als hätte sie nie etwas anderes getan. Das Design und die gekonnt inszenierte Atmosphäre im Innern des Alien-Vehikels sorgen routiniert für eine unheilvolle Stimmung, verloren gehen kann man aber nicht. Scott gibt uns eine recht einfach zu merkende Landkarte an die Hand und verschenkt dabei auch das Potenzial, zumindest das menschliche Raumschiff zu einem interessanten Ort zu machen. Optisch ein gelungener Gegensatz zur dreckigen Funktionalität der Nostromo (die „Reinheit“ der Prometheus-Mission wird im Laufe der Handlung dann auch nicht nur ideell, sondern auch bildlich besudelt, in einer der gleichzeitig intensivsten und angreifbarsten Sequenz des Films) werden die Dimensionen nur in den Anfangssequenzen offenbar, wenn Android David einsam durch das Schiff stromert und die Träume der menschlichen Besatzung im Kälteschlaf dank einer ausgeklügelten (aber auch fragwürdigen) Technik betrachtet.

Das Stichwort Androide darf natürlich in keinem Film mit Alien-DANN fehlen. In Prometheus heißt das Modell David, wird kongenial von Michael Fassbender verkörpert und bleibt bis zum Schluss ambivalenter als jedes seiner filmischen Vorgängermodelle, egal ob sinisterer Ash, heroischer Bishop oder ambitionierte Call. Wenn David zwei Jahre allein über die Prometheus streift, Shaws Träume beobachtet und nach ausgiebigen Filmstudium Peter O’Toole in seiner Lawrence von Arabien-Rolle immer perfekter imitiert, ist das gleichzeitig beunruhigend und grotesk als auch von einer schrägen Poesie.
Fassbender gelingt so die beste schauspielerische Leistung, die man in diesem Film bewundern darf. Noomi Rapace als Shaw ist ebenfalls ein interessanter Charakter, indem sie wie Ripley (Sigourney Weaver) eine starke Frauenfigur portraitieren darf, die zum ersten Mal eine spirituelle Dimension in das Alien-Universum einführt. Sicher, die Strafgefangenen in Alien 3 bekannten sich plakativ zum Glauben, aber Shaw wird als gläubige Christin vor mehr als eine metaphysische Herausforderung gestellt. Dies kann man mit Fug und Recht ebenfalls plakativ nennen (das um den Hals getragenen Kreuz nimmt mehr Deutungsraum ein, als es müsste), verweist aber auch geradezu schnippisch darauf, dass Prometheus zwar eine Erklärung für die Herkunft der Menschheit parat hält, Gott oder eine andere höhere Macht aber konsequent ausschließt bzw. sich einem religiösen Statement entzieht. Shaw wird verletzt, sowohl geistig als auch körperlich, wie ihre Spiritualität diesen Prozess überstehen wird, darauf werden wohl die Fortsetzungen mehr Auskunft geben.

Ansonsten fallen nur noch Idris Elba als Captain Janek und Charlize Theron als Meredith Vickers auf. Ersterer, weil er ganz offensichtlich viel Spaß an seiner Rolle hat und trotz der limitierten Präsenz einen Charakter umreißen kann und Zweitere, weil ihre Rolle grandios daneben geht. Das Drehbuch weiß mit Vickers nicht viel anzufangen, das Konfliktpotenzial zwischen ihr und David wird nie ausreichend ausgeschöpft und ihre Verbindung zu der von Guy Pearce in misslungenem Make-Up dargestellten Figur des Peter Weyland (Alien-Kenner horchen auf) ist derartig vorhersehbar, dass man sich fast dafür schämt, wie sehr der Film die „Enthüllung“ vorbereitet, obwohl der Zuschauer doch bereits durch schlichte Aufmerksamkeit informiert ist. Ansonsten hat Vickers nicht viel mehr zu tun, als im Hintergrund zu stehen, geheimnisvoll zu schauen und kläglich daran zu scheitern, David die Charaktereigenschaften (und Plot-Funktionen) zu stehlen. Ihr Ausscheiden aus der Handlung bekräftigt nur die Annahme, dass man nicht recht wusste, was man mit der Figur anfangen sollte.

Das hört sich nun so an, als gäbe es bei Prometheus mehr zu beanstanden als zu mögen. Dem ist zwar nicht so, aber als Vorgeschichte zu einer filmischen Ikone gerät Scotts Film natürlich unter genauere Betrachtung als der Durchschnitts-Science-Fiction. Auch wenn dem geneigten Film-Freund die Unterschiede und die fehlenden Anschlüsse im Hinblick auf Alien auffallen und das Drehbuch von Damon Lindelof (der bereits die TV-Serie Lost und den Spielfilm Cowboys & Aliens zweifelhaft in Text brachte) zwar Atmosphäre und Begebenheiten beherrscht, in punkto Dialoge aber größtenteils gnadenlos versagt, so kann man Prometheus doch attestieren, dass er sich trotz des Erwartungsdrucks hervorragend schlägt. Als eigenständiger Film ist er den Ticketpreis wert, als Mitglied im Alien-Universum (von dem an dieser Stelle die unsäglichen Alien Vs. Predator-Ausgeburten explizit ausgeschlossen werden) macht er Lust auf mehr. Wenn Ridley Scott Prometheus zu einer Prequel-Trilogie ausbaut, so hat er mit Prometheus – Dunkle Zeichen einen respektablen Start vollführt. Handwerklich atemberaubend, spannend und trotz Lindelofs Dialogen nicht dumm lässt Prometheus zwar einiges vermissen, aber gibt dafür auch einiges. Und wenn es nur zwei sinnvoll verbrachte Kinostunden sind.

Montag, 13. August 2012

Sprache & Science-Fiction


John Carter – Zwischen zwei Welten macht es sich recht einfach, wie die meisten Science-Fiction-Filme. Um die Sprachen , die auf dem alternativen Entwurfes eines Mars nach den Romanen von Tarzan-Schöpfer Edgar Rice Burroughs gesprochen werden, verstehen zu können, muss man nur eine nicht näher beschriebene Flüssigkeit trinken und schon ist die Verständigung zwischen Erdenmenschen und Mars-Thargs kein Problem mehr. Ein liquider Universalübersetzer: sicherlich angenehmer, als sich einen Fisch ins Ohr zu schieben…

Sprache als solche und Kommunikation als Ganzes gehören zu den eher wenig beachteten Aspekten im Science-Fiction-Kino. Dabei ist es neben der grundsätzlichen Frage, wie und in welcher Umwelt sich ein außerirdischer Organismus entwickelt hat, doch die wichtigste Information, die wir bekommen könne.
„Wie fremdartig darf ein Wesen sein, damit wir es noch als gleichberechtigten Akteur betrachten und zumindest versuchen, mit ihm zu kommunizieren? Welches sind die Voraussetzungen, damit eine solche Kommunikation gelingen kann? Und: Was können wir in ihr überhaupt erfahren?“[1]
Beim Stichwort Fremdartigkeit wird oft als erstes, wie es sich für uns als visuelle Spezies gehört, an ein exotisches, seltsames, eben außer-irdisches Äußeres gedacht. Tentakel, Schleim, nicht sofort identifizierbare Sinnesorgane, für uns groteske Auswüchse.

Dabei beginnt die potenzielle Fremdartigkeit hier erst. Kalmare kommunizieren mit einem rasanten Farbwechsel der Haut, Hunde identifizieren Individuen anhand ihres Geruchs, Wale „sprechen“ miteinander, indem sie für uns nicht (restlos) dechiffrierbare Töne und Klangfolgen durch die Ozeane senden und Elefanten setzen zur Kommunikation untereinander derartig tiefe Töne ein, dass sie vom menschlichen Ohr nicht mehr wahrgenommen werden können.
Allen genannten Tierarten kann man durchaus Intelligenz bescheinigen, dennoch findet eine Kommunikation zwischen ihnen und uns nicht auf die Art statt wie zwischen Mensch und Mensch. Menschen kommunizieren mit ihren „willkürlich verabredeten Zeichen“[2], also etwas, dass wir Sprache nennen. Tierische Kommunikationsformen mögen nach ähnlichen Prinzipien funktionieren (Stichwort Walgesang), aber aufgrund einer fehlenden Basis können wir uns kaum darüber austauschen. Wie kann also so die Kommunikation mit jemand gelingen, der nicht einmal vom gleichen Planeten stammt wie sein Gegenüber?

Nach der Beantwortung dieser Frage in der Realität zu fragen, ist müßig. Weder wandeln die Außerirdischen unter uns noch gibt es irgendwelche Anzeichen, dass wir in nächster Zeit auf welche stoßen könnten. Es sei denn, Curiosity gelingt auf dem (reellen, nicht dem von Burroughs beschriebenen) Mars eine bahnbrechende Entdeckung. Und auch dann wird sich das Ergebnis wohl eher auf der mikroskopischen Ebene abspielen.
Wie gut, dass Science-Fiction nicht an die Realität gebunden ist, zumindest nicht im Detail. Doch auch hier gibt es gelungenere und eher „faule“ Beispiele dafür, wie die Kommunikation zwischen Alien & Mensch ablaufen könnte und wie auf beiden Seiten die Grundlagen geschaffen werden können.

Wie gesagt ist John Carter – Zwischen zwei Welten eher ein Beispiel für die bequemere Herangehensweise. James Camerons Avatar – Aufbruch nach Pandora macht sich da schon mehr Gedanken, wenn er zeigt, dass die Sprache der außerirdischen Na’vi erst mühsam gelernt werden muss und zumindest in Nebensätzen erwähnt, dass Sprache ihre Tücken und Feinheiten hat. Und da wir nur zu gern der suspension of disbelief verfallen schauen wir großzügig darüber hinweg, dass das ganze Konzept, eine außerirdische Sprache quasi aus dem Pons oder Langenscheidt zu lernen, in sich alles andere als stimmig ist…

TV-Serien mit einer Vielzahl an Nicht-menschlichen Protagonisten benutzen einen Universalübersetzer, ob nun mechanisch (Star Trek) oder organisch (Farscape). Im Hinblick auf die heutige Debatte darum, ob beispielsweise Navigationsgeräte die Fähigkeit zur eigenständigen Orientierung der Menschen dramatisch schwinden lassen[3] ist eine Episode wie Darmok der Serie Star Trek – Das nächste Jahrhundert geradezu ein augenzwinkernder Kommentar darauf, sich auch in linguistischer Sicht nicht zu sehr auf die Technik zu verlassen. In der Episode muss Captain Picard von der Enterprise mit einem außerirdischen Captain und einem defekten Universalübersetzer, gestrandet auf einem unbekannten Planeten, einen effektiven Weg finden, eine lauernde Gefahr abzuwehren. Dabei verweist die Folge (womöglich unbeabsichtigt) auf den Wolfgang Petersen-Film Enemy Mine – Geliebter Feind, in dem ein Mensch und ein verfeindeter Drac auf einem unwirtlichen Planeten abstürzen und, fern von ihrer beiden Völker, zusammen einen Weg finden müssen, um zu überleben. Dabei spielen Sprachbarrieren eine erhebliche Rolle, die im Laufe der Zeit immer weiter abgebaut werden, als die beiden Kontrahenten, die langsam zu Freunden werden, die jeweils andere Sprache lernen.

In Star Wars ist der mechanische Universalübersetzer in Form des Roboters C-3PO als eigenständige Figur ausgelagert. Ansonsten legen die Menschen in George Lucas‘ Universum eine beeindruckende Sprachkompetenz an den Tag. Wenn Han Solo mit Chewbacca redet ist das so, als würde Martin Rüter mit seinen Hunden wirklich, im menschlichen Sinne, reden. Auch die anderen Figuren verstehen eine ganze Bandbreite an Sprachen und der junge Anakin Skywalker scheint weit mehr als nur bilingual aufgewachsen zu sein.
In District 9 hat die Zeit dafür gesorgt, dass sich Menschen und Aliens gegenseitig verstehen, auch wenn die niemand in der Lage ist, die Lautäußerungen des jeweils anderen nachzuahmen. Knapp 25 Jahre sollten auch reichen, um eine andere Sprache zu lernen, auch wenn die Klickgeräusche der in District 9 portraitierten Aliens schwieriger differenzierbar scheinen als die vergleichsweise „geordnete“ Sprache der Na’vi…
Kein Problem wiederum haben die außerirdischen Tenctonen in Alien Nation mit der menschlichen (sprich: englischen) Sprache. Als auf Anpassung gezüchtete Sklavenrasse benötigen sie nach ihrer Ankunft auf der Erde durchschnittlich nur drei Monate, um die Sprache mit all ihren Finessen zu erlernen. Menschen machen sich in der kurzlebigen, aber empfehlenswerten TV-Serie und den dazugehörigen TV-Filmen, die auf dem Kino-Flop Spacecop L.A. 1991 beruhen, kaum die Mühe, die Sprache der Tenctonen zu erlernen. Da man dem Zuschauer dauerhafte Untertitel ersparen möchte, hat der Gebrauch von Sprache in Science-Fiction-Umgebungen auch oftmals etwas Assimilierendes an sich. Sprich Englisch, verdammt!

Letztlich kann (und will) der Science-Fiction-Film nicht das leisten, was der Science-Fiction-Roman leistet. Sperling von Mary Doria Russell beispielsweise baut auf Sprache auf, ist die Hauptfigur doch Linguistiker, der auf einem fernen Planeten über Jahre hinweg die Sprache der ansässigen Lebewesen studiert und so nach und nach den Plot in stimmige, aber auch beängstigende Bahnen lenkt. Und schließlich ist da noch Solaris von Stanislaw Lem, dessen titelgebender intelligenter Ozean zwar Interesse an einer Kommunikation mit Menschen hat, aber die grundsätzliche Verschiedenheit der beiden Spezies eine gewinnbringende Verständigung unmöglich macht.
Selbst wenn wir nicht allein im Universum sind (wovon auszugehen ist) und wir entgegen aller Wahrscheinlichkeit irgendwann mit den Anderen in Kontakt treten könnten (wovon weniger auszugehen ist), so ist es doch mehr als fragwürdig, ob eine für beide Seiten lohnende Kommunikation möglich wäre.
Und auf einmal erscheint John Carter wie eine mehr als willkommende Zukunftsvision. Wer will sich seine Träume von Utopia schon von der Realität stören lassen…


[1] Michael Schetsche: Der maximal Fremde – eine Hinführung in Michael Schetsche [Hrsg.]: Der maximal Fremde – Begegnungen mit dem Nichtmenschlichen und die Grenzen des Verstehens, Würzburg 2004, S. 13
[2] Vgl.: Die 13 wichtigsten Fragen zur Sprache, in GEO Wissen Nr. 40, Hamburg 2007, S. 22
[3] Jüngst wieder am 03.08.2012 in der SWR 2 Sendung Forum zu hören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/forum.xml

Mittwoch, 8. August 2012

Filmkommentar: Merida - Legende der Highlands


Poster zu PIXARs Brave (Quelle: http://insidemovies.ew.com)

PIXAR, jenes Animationsstudio, dem lange scheinbar nichts aus den Händen gleiten konnte, muss in diesen Tagen sowohl von der US- als auch der deutschen Presse einiges einstecken. „[…]den Zauber früherer Pixar- Meisterwerke versprüht 'Merida' nicht. Anarchische Gags oder charmante Slapstickeinlagen sucht man ebenso vergebens wie Figuren, die einem ans Herz wachsen“[1] urteilt etwa cinema und US.Kritiker Dustin Putman kommt zu dem (vielleicht etwas vorschnellen) Urteil: „The studio is in a definite downslide, and 'Brave' is simply the latest proof that they don't have the magic touch they used to.“[2]

Was hat Brave, der im deutschen etwas holprig Merida – Legende der Highlands heißt, falsch gemacht? Sicher ist, es gibt einiges zu kritisieren an PIXARs neustem Streich. Vom reinen Unterhaltungsstandpunkt aus ist er womöglich zu wenig „Trickfilm“ für manchen Geschmack. Die Farbpalette ist gedeckt und realistisch, eine visuelle Wohltat gegenüber der grellbunten Bonbonwelt, die uns vor kurzem noch in Der Lorax aufgetischt wurde. Und wenn in cinema die Slapstick vermisst wird, hat man nicht nur den ernsten Hintergrund des Films vergessen, sondern wohl auch nicht mehr die Szenen vor Augen, nachdem Elinor in einen Bären verwandelt wurde. Zumal Slapstick noch nie wirklich in PIXARs Repertoire war. Dennoch gibt es genug zum schmunzeln und lachen im Film, nichts bahnbrechendes, aber PIXARs Art von Humor setzt ohnehin eher auf die leisen, kontextbezogenen Töne.

Fakt ist auch, dass sich die Stärken der Filme aus dem kalifornischen Studio oft erst in ihrer Gänze in der stillen Analyse zeigen. Nach einem PIXAR-Film sollte die Kritik nicht zu schnell in den Rechner getippt werden, denn auch der massiv geschmähte Cars 2 war zwar der bisherige Tiefpunkt in der Filmographie des Studios, aber immer noch gehaltvoller als ärgerliche Ergebnisse von Industriespionage wie Rio aus dem Hause Blue Sky.
Einer der Hauptvorwürfe ist die nicht von der Hand zu weisende Nähe zum archetypischen Disney-Narrativ. Merida reproduziert demnach vor allem die allseits bekannte Geschichte des Außenseiters, der anderes vom Leben erwartet als die Welt um ihn herum. Dies ist aber weder nur den Disney-Zeichentrickfilmen noch sonst einem Studio o.ä. zuzubilligen. Vielmehr ist Merida PIXARs Beitrag zu jenem Handlungsgerüst, das 1998 in dem großartigen Antz bereits süffisant auf den Punkt gebracht wurde: „Da habt ihr es: Eine typische Junge-trifft-Mädchen, Junge-mag-Mädchen, Junge-verändert-bestehende-Gesellschaftsformen-Story.“ 
Hier ist es nun eine Prinzessin, die die Veränderung herbeiführt und da auf den Part „Junge trifft Mädchen“ verzichtet wird, bewegt sich Merida sogar eher von den Disney-Statuten weg als dass sich der Film ihnen annähert. Merida ist keine Prinzessin Jasmin, sie braucht keinen Aladdin, der sie im letzten Moment rettet und sie setzt auch nicht wie jene ihren Körper ein, um ihre Ziele zu verfolgen. Auch reproduziert sie nicht das Bild der kämpferischen Amazone, die letztlich nur männliche Seh-Gelüste befriedigt. Und sie wird nicht als starker Charakter eingeführt wie Captain Amelia in Der Schatzplanet, die ihre Autorität letztlich dennoch an einen eigentlich unterlegenen Charakter wie Dr. Doppler abgeben muss. 

Merida ist eine Prinzessin, sicherlich, aber keine im Sinne Disneys. Man mag nun argumentieren, dass ihr Körper nicht ausgenutzt wird, weil der Charakter erst 14 Jahre alt ist, aber es ist bei PIXARs Reputation doch zu vermuten, dass hier bewusst mit dem Disney-Klischee gespielt wurde. Im vielgelobten Rapunzel aus dem Hause Disney setzt die Titelheldin eine Bratpfanne als Waffe ein. Ob ironischer Kommentar oder nicht, Merida ist da sehr viel potenter, mit ihrem Pfeil & Bogen übertrifft sie jeden Mann im schottischen Königreich. Ein Kommentar unter dem Pseudonym mwic auf der Seite Slant Magazine bringt das zentrale Bild des oft gespielten Trailers (der eine der wichtigsten Szenen des Films vorweg nimmt) auf den Punkt, nämlich als Meridas Pfeil den Pfeil eines der Bewerber um ihre Hand spaltet: „[…]destroying a suitor's phallus with her own[…]“[3]
„Der Phallus ist im Gegensatz zum Penis nie schlaff, er ist Symbol für Fruchtbarkeit und Kraft“.[4] Frauen gelten als Symbol der Fruchtbarkeit, Männer als das der Kraft. Merida vereint also beides in sich, viel mehr als die allermeisten Disney-Prinzessinnen, denen im Endeffekt keine wirkliche Überlegenheit zugestanden wird.

Das Merida die Weiblichkeit seiner Hauptfiguren ernst nimmt, ohne ihre Körper auszustellen, zeigt sich noch an (mindestens) zwei weiteren Beispielen. Ersteres wird hauptsächlich im Dienste des Humors eingesetzt: die Männer sind domestiziert. Die grundlegenden Fragen über Gesellschaft und interfamiliäres Miteinander werden von Frauen, stellvertreten durch Merida und ihre Mutter Elinor diskutiert, die Männer sind allesamt nicht in der Lage, dies zu tun. Sie kämpfen lieber spielerisch miteinander, man muss ihrem Ego und ihrem Magen schmeicheln, um sie zu erreichen. Meridas Vater Fergus ist ohne seine Frau aufgeschmissen und seiner Tochter ohnehin heillos unterlegen. Die Männer sind nicht wirklich machtvoll, die Intelligenz der Frauen übersteigt ihre bei Weitem. Die kulturelle Domestizierung des Mannes wird hier von PIXAR ähnlich augenzwinkernd kommentiert wie es Filme wie Mein Liebhaber vom anderen Stern tun.
Zweiteres ist der Showdown, üblicherweise zwischen Männern ausgetragen, bekommt er in Merida eine ausdrücklich weibliche Komponente. Die in einem Bär verwandelte Elinor muss das (männliche) Monster von einem Bären, Mordu, bekämpfen. Die menschlichen Männer im Film sind nicht machtvoll, aber Mordu, ein verwandelter, habgieriger, tyrannischer Mann, vereint all die traditionell negativ-männlichen Eigenschaften auf sich. Er ist rücksichtslos, körperlich einschüchternd, grausam und brutal und Elinor und ihre Tochter müssen symbolisch auch diesen Aspekt der Welt überwinden, bevor die Gesellschaft sich ändern kann. Hat Merida vorher Aspekte des Charakters ihrer Mutter übernommen, muss Elinor nun ihrerseits Aspekte ihrer Tochter (bedingungslose Durchsetzungsfähigkeit zum Beispiel) übernehmen, um Mordu zu besiegen. Damit haben beide voneinander gelernt und die Verwandlung zurück in einen Menschen kann stattfinden. Im Film heißt es „Das Band muss neu geknüpft werden“ und der Film bedient dieses Bild gleich auf drei Ebenen: der bildlichen mit der Rettung des Wandteppichs, auf der emotionalen mit dem neu verwobenen Band zwischen Mutter und Tochter und auf der sozialen mit den neu arrangierten Gesellschaftsstrukturen.

Man kann Meridas Odyssee und den ganzen Film wie Hans-Georg Rodek von der WELT deuten: „Pixar-Filme funktionierten bisher so, dass die Kinder die Erwachsenen ins Kino zerrten und sich beide belohnt sahen, die einen mit einer coolen Geschichte und die anderen mit einem intelligent umgeformten Mythos. ‚Merida‘ bietet weder das eine noch das andere und tischt uns stattdessen auf: die alte Disney-Soße“[5] und sich über die inhaltlichen Parallelen zu Disneys Die Schöne und das Biest und Bärenbrüder echauffieren. Man muss es aber nicht.
Und der Vorwurf des Slant Magazine klingt schon fast verzweifelt: „But ultimately the film offers nothing more than a caricature of a well-worn conceit (a princess doesn't fit into her shiny box, so she just breaks all the rules and does what she wants), neatly repackaged for another generation of young moviegoers who haven't met Princess Jasmine from Aladdin and don't realize that they're eating yesterday's leftovers.”[6]  

Oberflächlich mag all das zutreffend sein, mögen die Vergleiche mit Disney und die Enttäuschung darüber, eine eher klassische Geschichte gesehen zu haben, Gehör finden, aber Merida offeriert nicht die Reste von gestern, vielmehr mixt er für die Menschheit typische und offensichtlich wichtige Storyelemente (sonst würden sie gar nicht immer wieder auftauchen) unter anderen Vorzeichen zusammen. Merida ist ein äußerst reichhaltiger Film, nuanciert und intelligent, wenn man sich nur die Mühe macht, hinter die Fassade zu blicken. Emotional trifft der Film ohnehin ins Schwarze, dass wird jeder bestätigen, der (Streit-)Gespräche zwischen Müttern und Töchtern kennt. Und die ach-so-sehr aus Die Schöne und das Biest gestohlene Transformation am Ende ist derartig perfekt getimt, dass auch alte Filmhasen sich für einen Augenblick noch getäuscht sehen können. Ein vielleicht sechsjähriges Mädchen hat diese Szene während meiner Vorstellung im Kino mit Weinen begleitet. Ich habe anno 1992 im Kino beim Beinahe-Tod des Biests in Die Schöne und das Biest geweint. Nochmal, Merida offeriert keine Reste, gute Geschichten werden nun mal immer wieder neu inszeniert. Für das kleine Mädchen kann Merida das werden, was Die Schöne und das Biest für mich ist. Und es gibt deutlich schlechtere Wahlen für die Kür zu einem Film, der einem als Kind zeigte, zu was dieses Medium in der Lage ist.

Merida – Legende der Highlands ist kein Disney-Film mit dem PIXAR-Logo im Vorspann. Es ist vielmehr die subtile Weiterentwicklung von Konzepten, die Disney stets streifte, aber selten vollständig ausführte. PIXAR hat immer noch genug Magie, um dem Zuschauer knapp zwei Stunden hervorragende Kinounterhaltung zu bieten. Lassen Sie sich drauf ein.