(Quelle: GreekGeek)
Wer erinnert sich noch an Van Helsing, jenen im Sommer 2004
ins Kino geworfenen Reißbrett-Blockbuster unter der Regie von Stephen Sommers,
der Hugh Jackman und Kate Beckinsale gegen allerlei bekannte Monster antreten
ließ, namentlich Dracula, Frankensteins Monster, den Werwolf und Dr.
Jeckyll/Mr. Hyde? Je weniger es sind, desto besser, denn Van Helsing war nicht
nur eine Beleidigung eines jeden Kinogängers mit seinen dummen Dialogen,
schlechten Charakteren und ermüdenden Bildern, er war auch eine misslungene
Hommage/Auferstehung der klassischen Monster, die vor allem in den Filmen aus
den Hammer-Studios Generationen von Filmfans das Fürchten lehrten.
Nun ist es an einem Animationsfilm, ein würdigeres Gipfeltreffen der nächtlichen Alpträume auszurichten. Hotel Transsilvanien von Regisseur Genndy Tartakovsky, dem Mann hinter Cartoonserien wie Samurai Jack, Powerpuff Girls und Dexters Labor, gelingt dies zwar nicht auf bravouröse Weise, aber sein Kinoerstling mag im Story Department noch diverse Schwächen aufweisen, watet dafür aber mit vielen Details und Nuancen auf, die ihn durchaus sehenswert machen.
Nun ist es an einem Animationsfilm, ein würdigeres Gipfeltreffen der nächtlichen Alpträume auszurichten. Hotel Transsilvanien von Regisseur Genndy Tartakovsky, dem Mann hinter Cartoonserien wie Samurai Jack, Powerpuff Girls und Dexters Labor, gelingt dies zwar nicht auf bravouröse Weise, aber sein Kinoerstling mag im Story Department noch diverse Schwächen aufweisen, watet dafür aber mit vielen Details und Nuancen auf, die ihn durchaus sehenswert machen.
Um seine Tochter Mavis vor den gefährlichsten Monstern der
Welt, den Menschen, zu beschützen, ließ Graf Dracula einst eine riesige Burg,
umgeben von einem unheimlichen Wald, errichten. 118 Jahre später steht nicht
nur das alljährliche Treffen der Ungeheuer dieser Welt in diesem Hotel Transsilvanien an, sondern auch Mavis‘ Geburtstag, mit dem sie die Vampir-Volljährigkeit
erreicht. Sie will die Welt entdecken, etwas, dass ihrem übervorsichtigem Vater
überhaupt nicht behagt. Als sich dann auch noch der Slacker Jonathan als erster
Mensch ins Hotel verirrt und es zwischen ihm und Mavis funkt, stehen dem Grafen
turbulente Zeiten ins Haus…
Die Geschichte von Hotel Transsilvanien ist mehr oder minder
aus dem Bausatz. Wir haben den besorgten Vater, die freiheitsliebende Tochter,
den romantischen Eindringling und alle Probleme und Konflikte, die sich daraus
ergeben. So weit nicht viel Neues, allerdings entschädigt Draculas
Hintergrundgeschichte etwas dafür. Mavis wird von ihm nicht aus einem diffusen
Bedrohungsgefühl heraus beschützt, sondern weil Menschen seine Frau, Mavis‘
Mutter, töteten, obwohl die Vampirfamilie versuchte, normal unter Menschen zu
leben (Blut trinken diese Vampire schon lange nicht mehr, sondern begnügen sich
mit Ersatzstoffen wie Bionade-Blut). Dieser emotionale Ankerpunkt wird in der
stärksten Sequenz des Films durch Dracula via Rückblenden erzählt und stellt
einen interessanten Kontrast zum manchmal etwas überdrehten Rest des Films da.
Die spürbare Bedrohung, die in den Rückblenden generiert wird, verbunden mit
der melancholischen Beleuchtung der Gegenwart, in der Dracula Jonathan den
Grund für sein Handeln erläutert, will auf den ersten Blick so gar nicht zu dem
sonstigen Spektakel des Films passen, der sich etwas mehr an seinen eigenen
Actionszenen erfreut, als ihm gut tut. Auf den zweiten Blick wird jedoch
gewahr, dass Regisseur Tartakovsky hier erfolgreich Elemente in seinen Film
einpflegt, die über die reine Unterhaltungsebene hinaus gehen. Die Frage nach
der Natur des Monsters ist nicht neu, auch nicht dass sich das Medium Film eher
für den gebeutelten Außenseiter, menschlich oder nicht, stark macht, aber dass
dieses Element in einem Film wie Hotel Transsilvanien auftaucht, der sich auch
für Flatulenzscherze und gepuderte Hinterteile nicht zu schade ist, erfordert ein
gewisses Maß an Mut und ist vor allem inmitten des manchmal etwas zu hektisch
geratenen Films eine wahre Wohltat.
Zudem ist Hotel Transsilvanien wahrscheinlich einer der ersten westlichen Animationsfilme, in dem die Existenz von Rassismus aktiv bestätigt wird. „Solange sie denken, du bist ein Monster und kein Mensch, werden sie dir nichts tun“, gibt Dracula Jonathan in einer Szene zu bedenken, woraufhin dieser nur erwidert: „Das ist aber ganz schön rassistisch!“ Die Inklusion beziehungsweise Exklusion einer Gruppe nur aufgrund der äußeren Merkmale ist zwar immer wieder ein Thema im Trickfilm und manchmal sind die Kopfbewegungen in Richtung Antifaschismus auch sehr deutlich (z.B. im Film Robots von Chris Wedge; mehr dazu in einem späteren Blogeintrag), aber Hotel Transsilvanien in der erste Animationsfilm, der dieses Problem explizit beim Namen nennt (zumindest nach meinem Kenntnisstand. Wer es besser weiß, darf mich korrigieren). Es ist nur ein kurzer Augenblick im Film und wird von den meisten Zuschauern wahrscheinlich nur als Scherz goutiert, aber dennoch ist auch dies ein Beispiel für die Details, die Hotel Transsilvanien interessant machen.
Natürlich funktioniert nicht alles in diesem Film. Wie
bereits erwähnt ist der Film oftmals hektischer als er sein müsste (ich mag mir
nicht ausmalen, wie verwirrend manche Sequenzen erst in der 3D-Fassung sein
müssen) und die Actionsequenzen sind irgendwann ermüdend, auf der anderen Seite
profitiert der Film bei der Charakteranimation eindeutig von Tartakovskys
Erfahrung. Wenn Dracula zufrieden grinst und die Mundwinkel steil nach oben
stehen wird nicht nur der aus dem klassischen Zeichentrickfilm bekannte Stil
des Regisseurs deutlich, es zeigt auch, dass hier die Übertragung von einem
Medium auf das Andere geglückt ist. Manchmal wirkt Hotel Transsilvanien in
punkto Figurenbewegung wie ein alter Warner-Brothers-Cartoon und das ist
wahrlich kein Nachteil. Nicht alle Figuren sind allerdings geglückt. Die Mumie
Murray wird sträflich vernachlässigt und man hat das Gefühl, dass man nicht
wirklich wusste, was man mit dem Charakter eigentlich anfangen wollte. Die
Braut von Frankensteins Monster (nicht nur Frankenstein, aber dieser Fehler
wird wohl auf Ewigkeiten immer wieder auftauchen), ein kreischendes Etwas, dass
nicht nur aussieht wie Fran Drescher, sondern im Original auch noch von ihr
synchronisiert wird, ist schlicht überflüssig und Griffin, der unsichtbare
Mann, muss für allerlei weniger gelungene Gags herhalten. Dracula bleibt die
interessanteste Figur und die Beziehung zwischen Mavis und Jonatahan ist auf
ihre Art niedlich, impliziert aber auch weniger gute Assoziationen, da Mavis
als Vampirin deutlich langsamer altert als der Mensch Jonathan und ihre
Beziehung dadurch im Grunde von vornherein unter keinem günstigen Stern steht.
Nach dem Kinobesuch musste ich erfahren, dass Filmkritiker Dustin Putman dieses
Dilemma bereits gut zusammengefasst hat:
„Also problematic is the romance that arises between Mavis and Jonathan. It's not that their relationship isn't sweet in its own way (…), but director Genndy Tartakovsky grossly overlooks the logistics of a vampire who will live forever going out with a mortal human. There is no mention of Jonathan having to give up his human life to be with Mavis, nor is it ever broached that Jonathan will have died before Mavis has reached the vampiric equivalent of middle age. As the film's end paves the way for a rocking musical number and the two lovebirds swoon all over each other, the underlying fact still remains that these two kids are in for a world of hurt and heartache, and sooner rather than later. Simply put, it's emotionally dishonest.“[1]
Andererseits besiegt der Film bereits den Menschen/Monster-Rassismus auf vielfacher Basis, also besteht die Chance, dass es auch für Mavis und Jonathan eine Lösung gibt.
Hotel Transsilvanien bietet nicht die ausgefeilte Story eines
PIXAR-Films noch deren technische Überlegenheit. Dieser Film ist ein oftmals
überdrehter Cartoon, unterhaltsam, kurzweilig und im Grunde lohnt es sich schon
nur für einen herrlichen Seitenhieb auf Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen ein
Ticket zu lösen. Die Elemente, die den Film auch über Slapstick hinaus
interessant machen, sind vorhanden, aber noch nicht zahlreich. Genndy
Tartakovsky zeigt aber, das er in der Lage ist, diese einzubauen und wenn
zukünftige Filme eine noch bessere Balance finden, darf man bereits jetzt
gespannt sein.
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